Föteli aus dem Okanagan Valley
Tom ist zwar etwas skeptisch, wenn wir erst so spät an der Grenze ankommen. Aber easy, mehr als Stunden auseinandergenommen zu werden, kann uns eh nicht passieren. Was sind schon Stunden? Bereits kurz nach Osoyoos kommen wir am Zoll an. Nichts Spektakuläres. Keine riesigen Schilder wie leaving Canada oder so ähnlich, dafür ist das Zollgebäude äusserst eindrucksvoll. Wir fahren an die Häuschen und klick, bitte lächeln. Sofort schiessen die Amis ein Föteli von uns :-). Der Zöllner mit der Spiegelsonnenbrille ist ernst und macht Eindruck. Nach einem Blick in die Pässe und einer forschen Aufforderung, unsere Sonnenbrillen abzunehmen, löchert er uns mit Fragen und dreht gemählich eine Runde ums Auto. Dann bittet er uns, in ein spezielles Häuschen (sicher wird Nikan von A-Z durchleuchtet) zu fahren. Eine Lebensmittel-Spezialistin werde uns dann aufsuchen. Shit, hätte ich doch (à la Australien) die Früchte zur Tarnung in meinen BH gesteckt. Bloss, welche Früchte? Wir haben genau noch einen Apfel. Aber um Himmels willen. Ich denke an meinen wunderbaren Blumenkohl, die schöne Gurke, die knackigen Tomaten, die duftenden Pilze und an die herrlichen Pancakes. Ausserdem haben wir noch in Summerland einen riesigen Vorrat von meinen Veggie-Burgern angelegt, damit ich Canada nicht zu sehr vermissen werde.
Verzweifelt lese ich im Reiseführer
nach. Noch einmal shit. Es dürfen keine Lebensmittel, gilt auch für
Süssigkeiten, in die USA importiert werden. Und noch einmal ein riesen Shit. Da
kommt sie bereits auf unser Auto zu geschlendert. Keine Chance, den ganzen
Kühler zu entleeren. Sie findet unser Autonummernschild lustig und grinst.
Okay, sie ist nett. Sie ist im Alter von unseren Mums. Das wird schon gut
gehen, sie hat ja wohl auch Kinder, die in der Gegend rumreisen. Sie geht rein,
sieht sich um. Ich erkläre ihr, dass wir Lebensmittel im Kühlschrank und weitere
im Schrank oberhalb unserer Küche haben. Sie "gückslet" in den Kühler. Mit einem
geübten Blick nimmt sie schliesslich die Tomaten raus, nicht erlaubt. Mein Oje
bricht ihr scheinbar fast das Herz. Sie schaut ins Tiefkühlfach, sieht Toms
Berge von Fleisch. Ohne diesen Fleischberg zu berühren fragt sie, ob Lamm dabei
ist. Tom steht nicht auf Lamm. Schwein gehabt, Rindfleisch ist erlaubt. Sie
schliesst den Kühler. Beschnuppert den ganzen Innenraum. Dann findet sie zwei
Kartoffeln, nicht erlaubt. Ich versuche, alles zu geben. Mir kommt der doofe
Apfel in den Sinn, den ich ihr zeige. Voller Ernst meint sie, dass dieser aus
den USA stamme und somit rüber dürfe.
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